Ode an den Holler!

Hiermit oute ich mich als absoluter Holunder-Fan! Der Holunder, oder „Holler“, wie er bei uns genannt wird, zählt neben Beifuß und Hagebutten zu meinen absoluten Lieblingspflanzen.

Ob Holler, Hoija, Holder oder sogar Flieder (im Niederdeutschen und an der österreichisch/tschechischen Grenze sehr verbreitet), gemeint ist dabei immer der Schwarze Holunder sambucus nigra. Alleine seine vielfältigen Bezeichnungen lassen bereits auf eine ebenso vielfältige Verwendung schließen.

Archäöbotanische Funde von Kernen lassen alleine in Niederösterreich auf eine Verwendung 5300 Jahre v Chr. schließen. Auch in hippokratischen Schriften, die in der Ägäis im 5. bis 2. Jahrhundert v Chr. entstanden sind, wird die Verwendung Anwendungen bei gynäkologischen Beschwerden dokumentiert. Auch Plinius der Ältere empfiehlt Holunder gegen Frauenleiden.
Dioskurides erwähnt im 1. Jahrhundert n. Chr. Anwendungen für Triebe, Früchte und Wurzel, Blätter, die in darauffolgenden Jahrhunderten teils unverändert übernommen wurden! Hildegard von Bingen hingegen ist in ihrer Physica recht zurückhaltend, den Holler betreffend. „Holunder ist mehr warm als kalt und taugt wenig zum Nutzen des Menschen, auch nicht seine Frucht, nur die Blätter dienen dem Menschen etwas“…

Die Liste der geschichtlichen Erwähnungen ließe sich an dieser Stelle unerschöpflich fortsetzen….

Doch auch in der Mythologie wurde dem Holler Ehre zuteil.

Bei den Germanen war der Holunderbusch der Lieblingsbaum der Göttin Holda und man war überzeugt, dass die Göttin in diesem Baum wohnte. Das Wort Holda beinhaltet das Verhohlene, das Verhüllte, aber auch das Helle. Frau Holda als Hausgöttin stand bei den Germanen in hohem Ansehen. Diese Verehrung war besonders im bayrisch/österreichischen, als auch im schwäbischen Raum sehr deutlich verbreitet. Ihr zu Ehren wurden beim Holunder Opfer dargebracht, aber auch Krankheiten wurden im wahrsten Sinne des Wortes an den Hofholunder „gehängt“. Frau Holles Baum wurde als Zugang zum Reich der Unterwelt gesehen. Er kann durchaus als Baum mit zwei Gesichtern bezeichnet werden. Er ist schwarz und weiß, giftig und heilend. Damit verfügt er über eine ganzheitliche Natur.

Um Krankheitserreger, sogenannte „Würmer“ loszuwerden, schabte man den Bast junger Triebe ab, kochte diese auf und trank diese Zubereitung. Der Schabrichtung fiel dabei große Bedeutung zu: abwärts bedeutete Durchfall, aufwärts bedeutete Erbrechen. Diese Art der Zubereitung wurde zirkumpolar angewendet, denn sowohl die Germanen, Slawen und die sibirischen Waldbewohner, aber auch Indianer des amerikanischen Waldlandes kannten diese Verwendung. Dies darf durchaus als Indiz dafür gesehen werden, dass der Holunder als Arzneipflanze bereits in der Steinzeit bekannt war.

Noch im Mittelalter wurden Särge für Verstorbene vom Tischler mit einer Holunderrute vermessen.

Die zwei Gesichter des Holunders spiegeln sich auch in den Aufgaben von „Frau Holle“ aber auch der im Alpenraum bekannten „Frau Percht“ wieder. Sie galt als Göttin der Lebenden und der Toten.

Einerseits galt sie als Hüterin der ungeborenen Kinderseelen, andererseits als Hüterin des Totenreiches. Wer kennt nicht das berühmte Märchen der Gebrüder Grimm, in dem Frau Holle als strenge Wächter über das fleißige und das faule Mädchen entscheidet?

Ihr seht, das Themenfeld „Holunder“ ist derart umfassend, dass es nur schwer in einen Blog-Beitrag passt….

Im nächsten Blogbeitrag werde ich näher auf die Inhaltsstoffe und Verwendungsmöglichkeiten des Holunders eingehen!

Quellen:
WD Storl „Die alte Göttin und ihre Pflanzen“, Kailash Verlag
WD Storl „Pflanzen der Kelten“, atVerlag
WD Storl „Ur-Medizin“
Das kritische Heilpflanzen-Handbuch, ORAC Verlag
Der schwarze Holunder, RGV-Verlag